Interview: Wenn Rinder und Schweine vor Angst „einfrieren“
Interview mit der Amtstierärztin Nicole Tschierse
Es gibt diese Interviews, die kaum zu lesen sind, weil jeder Satz so grausam ist und doch einer realen Tatsache entspricht. Es sind Fakten, die meine Vorstellungskraft sprengen. Ob es die Kaltblütigkeit ist oder das empfundene Leid der Tiere. Es ist ein weiterer Beweis, dass die Tiere dieser Erde in der Hölle leben. Und diese Hölle besteht aus Menschen. Selten wird das Gefühl in mir ausgelöst, dass ich mich schäme zu dieser Rasse zu gehören.
Hier einige Fragen/Antworten, die ich besonders Besorgnis erregend fand. Ich denke, wenn ich noch Fleisch und Co. essen würde, wären das DIE Antworten, die mich zum Nachdenken -> Umdenken bewegt hätten, etwas zu ändern.
11. Tierrechte: Prof. Jörg Hartung von der Tierärztlichen Hochschule Hannover geht davon aus, dass Schweine bei der Betäubung mit Kohlendioxid unter Erstickungsangst leiden. Ähnliche Probleme gibt es bei Schafen. Bei Kühen muss ein zweites Mal mit dem Bolzenschussgerät der Stirnknochen durchschossen werden. Auch bei Hühnern kommt es vor, dass sie unzureichend im Elektrobad betäubt werden. Weitere Qual wartet auf fehlbetäubte oder nicht richtig entblutete Tiere. Schweine gelangen bei vollem Bewusstsein in die Brühanlage. Rinder durchlaufen den Schlachtvorgang, bei dem sie zerlegt werden, unbetäubt. Was für Erfahrungen haben Sie in Bezug auf Fehlbetäubungen auf dem Schlachthof gemacht und wo sehen Sie die größten Missstände?
Nicole Tschierse: Damit es nicht zu lang wird, beschränke ich mich auf Schweine und Rinder. Bei der Betäubung mit Gas bei Schweinen kann es aus unterschiedlichen Gründen zu Fehlbetäubungen kommen. Wenn die Anlage beispielsweise nicht optimal funktioniert, kann es passieren, dass die Konzentration des Betäubungsgases nicht ausreicht. Die Tiere werden dann gar nicht bewusstlos oder kommen schnell wieder zu sich. Ein anderer typischer Fehler ist, dass zu viele Tiere in die Gondeln getrieben werden. Da das Gas schwerer als Luft ist, herrscht nur am Boden der Gondel eine ausreichende Gaskonzentration. Bei zu vielen Tieren können sich einige an anderen aufrichten. Durch die Bewegungen der Schweine wird das Gas aufgewirbelt. Alle Tiere bekommen Atemnot und Todesangst, aber nicht alle verlieren das Bewusstsein, schon gar nicht innerhalb der vorgesehenen Zeit. Die Schweine haben bei Gefahr den Trieb, zusammen zu bleiben. Die Tiere, wie vorgegeben, voneinander zu trennen, ist oft schwierig bis unmöglich und kostet zusätzlich Zeit. Zeit ist aber limitiert in einem Fließbandbetrieb. Allerdings verursacht auch eine korrekt funktionierende und bestückte Anlage eine unglaubliche Tierqual. Denn auch dann leiden die Tiere einige Minuten Todeskampf.
14. Tierrechte: Sind Fehlbetäubungen also auch unter optimalen Voraussetzungen nicht auszuschließen?
Nicole Tschierse: Selbst gute Leute, die sich wirklich Mühe geben und mit korrekter Ausrüstung arbeiten, verursachen Fehlbetäubungen. Von den anderen Metzgern möchte ich gar nicht sprechen. Übrigens sind die meisten Rinder, die ich ohne ausreichende Betäubung an einem Bein aufgehängt gesehen habe, während ihnen schon der Hals aufgeschlitzt wurde, nicht durch exzessives Zappeln aufgefallen. Sie hingen immer recht ruhig, mit aufgerissenen, aber blinzelnden Augen und habe leise gemuht. Unter Schock und in der Gewissheit, dass es mit jeder Bewegung noch mehr weh tut.
17. Tierrechte: Wie läuft es ab, wenn eine hochträchtige Kuh getötet wird? Was passiert mit dem Kälbchen?
Nicole Tschierse: Das Kälbchen erstickt einige Zeit nach dem Tod der Mutter. Es dauert eine Weile bis eine Kuh am Schlachtband soweit ist, dass man sie aufschneidet. Wir hatten es zweimal, dass ein aufmerksamer Metzger an der Position Bolzenschuss Alarm schlug, weil da etwas strampelte. Wir haben dann die Kühe abgelassen, einen Kaiserschnitt gemacht und die Kälber herausgeholt. Ein fast entwickeltes habe ich auch zum Atmen gebracht. Leider ist es nach ein paar Tagen gestorben. Das andere konnte noch nicht selbst atmen. Da haben leider ein paar Tage gefehlt.
18. Tierrechte: Gibt es irgendeine Chance für ein lebensfähiges Kalb?
Nicole Tschierse: Nach geltenden Recht nein. Die Kälber dürfen nicht mehr aus dem Schlachthof raus. Es ist auch aus medizinischer Sicht schwierig. Viele Kälber überleben eine zu frühe Geburt nicht. Momentan dürfte ich aus Gründen des Seuchenschutzes noch nicht mal eine hochträchtige Kuh aus einem EU-Schlachthof rausholen, selbst wenn die Schlachtung verboten wäre. Die Kuh würde auf jeden Fall getötet. Das einzige, was ich für das Kälbchen tun kann, um den Todeskampf zu verkürzen, ist anzuordnen, dass ihm der Hals durchgeschnitten wird. Das ist sonst nicht üblich. Normal ersticken sie. Man weiß nicht genau, wie lange die Kälber noch leiden. Nach einer Studie ist es bei Schaf-Föten so, dass sie noch bis zu einer dreiviertel Stunde um ihr Leben kämpfen.
20. Tierrechte: Nimmt ein ungeborenes Kalb wahr, was mit ihm geschieht?
Nicole Tschierse: Man ist sich nicht einig darüber, ab wann ein Kalb empfindungsfähig ist. Tatsache ist, dass die weitentwickelten Kälber stark strampeln. Ich bin sicher, dass sie mitbekommen, dass gerade etwas ziemlich schiefläuft und dass sie erst die Angst und dann den Tod der Mutter mitbekommen.
25. Tierrechte: Erinnern Sie sich noch an andere Fälle?
Nicole Tschierse: Ich hatte mal einen Fall, da wurde bei einer trächtigen Kuh mit toten Zwillingen ein Abort eingeleitet. Die Nachgeburt kam nicht mit, was bei einer medikamentösen Einleitung üblich ist. Auf jeden Fall hätte man die Kuh längere Zeit behandeln müssen. Deswegen war der Rat des Tierarztes an den Bauern, die Kuh zeitnah schlachten zu lassen, was dieser noch am selben Tag umsetzte. Damit machte sich der beauftragte Transporteur strafbar, denn man darf eine Kuh nach dem Kalben zwei Wochen lang nicht gewerblich transportieren Nachdem der nächstgelegene Schlachthof die Kuh wegen des wässrigen Fleisches direkt nach einer Geburt nicht annehmen wollte, wollte der Transporteur die Kuh, die in einem erbärmlichen Zustand war, sogar noch zu einem zwei Stunden weiter entfernten großen Schlachthof bringen, dessen Betreiber das egal war. Das habe ich zur Anzeige gebracht und die Kuh außerdem gerettet. Das Verfahren hat sich dann über ein halbes Jahr hingeschleppt. Dann kann man häufig nichts mehr beweisen. Im Endeffekt hat der Transporteur 200 Euro Geldstrafe bekommen. Obwohl das eine lächerliche Strafe war, hat er danach versucht, mir das Leben zur Hölle zu machen. Da muss man sich warm anziehen. Da kann es auch mal passieren, dass man plötzlich zerstochene Autoreifen hat. Deswegen habe ich Verständnis für die Kollegen, die sagen, dass sie sowas dann eben einfach nicht gesehen haben.
27. Tierrechte: Was müsste passieren, damit sich dies ändert?
Nicole Tschierse: Es ist löblich, wenn man versucht, mit Gesetzen ganz krasse Tierquälereien zu verhindern. Ich bin dankbar für alle rechtlichen Vorgaben, denn sonst hätte ich überhaupt keine Handhabe. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass die ganzen kleinen Verbesserungen, wie mehr Auslauf oder ein bisschen mehr Beschäftigungsmaterial, nur Kosmetik sind. Das Problem ist das System. Selbst eine komplette Umstellung aller Betriebe auf Bio-Standard wäre immer noch schlimm genug für die Tiere. Außerdem könnte so nicht genug Fleisch produziert werden, um die derzeitige große Nachfrage zu befriedigen.
28. Tierrechte: Was kann jeder einzelne gegen diese Grausamkeiten tun?
Nicole Tschierse: Ganz einfach: Ich als Konsument entscheide das. Wenn ich nicht möchte, dass Tiere gemästet und geschlachtet werden, dann darf ich das mit dem Kauf von Fleisch und anderen tierischen Produkten auch nicht unterstützen.
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Ich bin wirklich traurig. Mir tun diese Tatsachen in der Seele weh. Ich würde so gerne noch viel mehr tun, doch auch mir sind irgendwann Grenzen gesetzt und tiefgreifende Veränderungen schaffe ich nicht allein. Ich wünsche mir .. ich appelliere an jeden einzelnen, der diesen Artikel mit den Auszügen gelesen hat, dass er bitte nachdenken soll! BITTE lasst das nicht weiter zu. Ich, Du, Wir! Wir haben es gemeinsam in der Hand! Lasst uns zusammenhalten und den unschuldigen Lebewesen helfen. Sie haben es verdient zu leben. Sie haben es verdient gut behandelt zu werden. Sie haben es verdient, dass Leben zu leben und nicht im Schlachthof zu sterben. DAS ist ihr Recht!
Denke nach – denke um!
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