Stefan: „Wenn ihr Männer seid, tut was Männer tun – kämpft für die Unterdrückten!“

29.05.2019

Interview 17

Sehr selbstbewusst schildert Stefan seine Sichtweise zum Veganismus in Bezug auf Männer und rückt dabei immer wieder die ethische Komponente in den Mittelpunkt

Stefan steht mutig zu seiner Lebensweise. Er kontert selbstbewusst und appelliert an die Männerwelt und ihre Verantwortung. Vor allem bringt er die ethische Komponente immer wieder ins Spiel und ruft dazu auf, auf sein Herz und Verstand zu hören. Denn das was den Tieren passiert, dass was wir mit ihnen machen und immer wieder zu sehen bekommen, ist nicht richtig. Und das gibt uns unser Herz und Verstand immer wieder zu verstehen, darauf sollten nun auch Taten folgen. Erfahrt nun mehr über Stefan.

1. Erzähl zunächst etwas über dich: Wer bist du?

Stefan, 52 Jahre, aufgewachsen in Hannover, zu Hause in Hamburg. Gerne draußen, gerne unterwegs, gerne am, auf dem oder im Wasser, bei jeder Temperatur und in jedem Aggregatzustand – im Winter auf Ski die Piste herunter- oder auf Schlittschuhen dem Puck hinterherjagend, im Sommer am Strand, am Ruder oder einfach ein paar Bahnen ziehend. Gesellig, gerne mit Freunden unterwegs, auf dem Lebenshof einer Freundin helfend oder mal auf einem Festival, genauso gerne aber mit meiner Frau alleine auf Achse. Und in den letzten Jahren immer aktiver und aktivistischer geworden. Ach ja, und vor 9 Jahren von omnivor auf vegan ohne Umweg über vegetarisch.

2. Weshalb lebst du vegan? Was war der Auslöser?

Laaange Geschichte, versucht kurz zu machen: Schon lange bevor ich überhaupt darüber nachdachte, las die ich eine Kurzgeschichte das fantastischen Science-Fiction-Autors Stanislaw Lem, in dem die Menschheit von einem Außerirdischen dafür kritisiert wurde, ihre „Mitbewohner“ zu essen. Seitdem war der Gedanke vom Mitbewohner unterbewusst immer irgendwie präsent, wenn ich Fleisch aß. Nächstes Schlüsselerlebnis: BSE und die schrecklichen Bilder der Kuhkadaver, die von Frontladern zu Bergen getürmt wurden. Irgendwie ist das alles nicht richtig, wurde mir klar, immer noch ohne Konsequenzen, weil mir die Vorbilder fehlten. Bis der geliebte Mensch an meiner Seite aus ihren eigenen Gründen vegan wurde und es mir vorlebte, zum Glück ohne jeglichen Versuch, mich zu „bekehren“. Schließlich probierte ich es selbst aus, und endlich fühlte sich alles „richtig“ an. Eigentlich habe ich mich erst, als ich schon vegan war, intensiver mit den Hintergründen befasst – was mich dann letztlich zum Aktivismus gebracht hat.

Sehr selbstbewusst schildert Stefan seine Sichtweise zum Veganismus in Bezug auf Männer und rückt dabei immer wieder die ethische Komponente in den Mittelpunkt

3. Was müsste, deiner Meinung nach, noch getan werden, um der Gesellschaft den Veganismus näher zu bringen?

Ich stelle immer wieder fest, dass Menschen, die mit dem Gedanken an Veganismus konfrontiert werden, Angst haben. Angst, dass ihnen etwas genommen wird, was ihnen lieb ist, und Angst, plötzlich einsehen zu müssen, dass sie ihr Leben lang etwas unterstützt haben, zu dem sie ethisch eigentlich nicht stehen. Deshalb blenden sie es aus und schützen sich. Diese Angst muss ihnen genommen werden – aber wie? Ich denke, es gibt keinen Königsweg, es ist wichtig, einerseits weiter aufzuklären, andererseits die Angst vor dem freudlosen Veganerdasein durch entsprechend leckeres Essen zu nehmen, und auch klar die ethischen und Umwelt-Konsequenzen des Tierprodukt-Konsums zu benennen. Steter Tropfen höhlt den Stein, wir müssen immer hartnäckig dran bleiben.

4. Statistisch gesehen leben überwiegend Frauen vegan. Hast du einen Tipp für Männer, die eventuell Bedenken haben als unmännlich zu gelten, wenn sie vegan leben?

Überlegt Euch: Was bedeutet Männlichkeit für Euch? Helden zu sein, den Schwachen beizustehen, für die Unterdrückten zu kämpfen, gegen Ungerechtigkeit aufzustehen und bei alldem auch noch die Eier zu haben, gegen alle sozialen Widerstände zu Euren Überzeugungen zu stehen? Oder ein Schnitzel zu essen, weil ihr Angst habt, dass die Freunde euch sonst auslachen würden?

5. Welche Argumente, meinst du, benötigen einige Männer um zum Umdenken bewegt zu werden (wenn es nicht die eigene Frau ist)?

Interessanterweise ist die stärkste Motivation ja immer eine soziale – was macht mein Umfeld? Der Mensch tickt nun mal so. Er möchte in der Gruppe akzeptiert werden und nicht der sonderbare Freak sein. Dieser Effekt ist vielleicht sogar tatsächlich bei Männern noch stärker als bei Frauen, vielleicht deshalb, weil bei ihnen Konkurrenzdenken und damit die Sorge um den eigenen sozialen Status häufiger vorkommen als bei Frauen und Frauen mutiger darin sind, ihr „eigenes“ Ding zu machen – denkt sich der Küchenpsychologe in mir. Das bedeutet: Das Wichtigste sind positive Rollenvorbilder. Vegane Männer, die eben trotzdem „Männer“ sind. Und wenn es diese nicht im eigenen unmittelbaren Umfeld gibt, dann halt die aus dem Fernsehen. Die wichtigsten Argumente, um Männer zum Umdenken zu bewegen, heißen also Arnold Schwarzenegger, Lionel Messi, Johnny Depp, Lewis Hamilton, Mike Tyson, Bill Clinton, Patrik Baboumian usw.

6. Eine Frage zu deinen persönlichen Erfahrungen. Wie reagieren Männer darauf, wenn sie mitbekommen, dass du vegan lebst?

Allgemein erlebe ich eigentlich keinen großen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Die meisten Leute, egal ob Mann oder Frau, sind erstmal skeptisch, oft folgt gleich eine ungefragte Rechtfertigung samt Erklärung, nur ganz wenig Fleisch und auch nur vom Bauern nebenan zu essen. Ein Sonderfall ist natürlich meine Eishockeymannschaft. Die Atmosphäre in der Kabine ist schon arg testosterongeschwängert, und natürlich habe ich hier regelmäßig irgendwelche bekloppten Mackersprüche kassiert, die ich natürlich ebenso mackerhaft versuche zu kontern – so wie es eben dem Umfeld angemessen ist ? Wichtig ist mir dabei, selbstbewusst mein Ding zu vertreten. Und das scheint auch seine Wirkung zu entfalten: unter vier Augen – natürlich nicht in der großen Runde – hat mir dann schon mehr als ein Mannschaftskamerad gesteckt, dass er das ja eigentlich bewundert, wie konsequent ich das durchziehe.

7. Wie hat dein Umfeld auf deine Entscheidung, vegan zu leben, reagiert?

Zunächst mal natürlich skeptisch, aber auch interessiert. Offene Ablehnung, wie es wohl manchen Veganern passiert, ist mir selber nicht begegnet. Aber ansonsten die ganze Palette von Skepsis über Interesse bis zu sich lustig machen.

8. Wie reagierst du auf dumme Sprüche bzgl. deiner Ernährungsweise?

Ich kontere. Es sind ja immer dieselben Sprüche, inzwischen habe ich ein gutes Repertoire an Standardantworten. Wichtig ist mir, selbstbewusst meine Sache zu vertreten und nicht klein beizugeben.

9. Wie reagieren Frauen auf deinen Ernährungsstil?

Da der größte Teil meines privaten Umfeldes  vegan ist, blicke ich hier mal auf meine Kolleginnen. Die sind zwar auch skeptisch, im Gegensatz zu den Kollegen fragen sie aber durchaus mal interessiert nach. Mit zwei Kolleginnen bin ich sogar demnächst zum veganen Essen in der Mittagspause verabredet. Und sie sind aufmerksamer als die Kollegen. Was mich besonders freut: Bei Geburtstagen ist es bei uns üblich, Kuchen oder Süßigkeiten mitzubringen. Einige Kolleginnen stellen dann extra für mich eine Schüssel mit veganen Süßigkeiten hin und kennzeichnen das per Zettel. Dass schon mal ein Kollege so aufmerksam war, kann ich mich nicht erinnern.

10. Ist es dir wichtig, dass dein/e Partner/in auch vegan lebt?

Ja, sehr. Anders würde es bei mir auf Dauer nicht funktionieren. Ich kenne einige gemischte Pärchen, meist sie vegan und er nicht, seltener auch umgekehrt. Hier fehlt ein sehr großer Lebensbereich, nämlich nicht nur die Ernährung, sondern auch die Ethik den Tieren gegenüber, den sie nicht teilen können. Sie kommen damit klar, ich könnte das nicht. Ich habe ein großes Bedürfnis nach Nähe, das bedeutet auch, ich möchte so viel wie möglich mit meiner Frau teilen, und in einem so wichtigen Bereich, der so viel Raum im Leben einnimmt, das nicht zu können, das wäre nichts für mich.

11. Befinden sich noch andere Veganer oder Vegetarier in deinem Umfeld oder bist du (noch) der Einzige?

Inzwischen ist der größte Teil meines Freundeskreises vegan.

12. Was ist dein liebstes veganes Produkt?

Oha, da gibt es inzwischen so viele! Ich bin ja bekennender „Ersatzprodukt“-Fan, wobei ich lieber das Wort Upgrade statt Ersatz verwende, denn das beschreibt die Situation: Besser als das Original, weil genauso lecker, aber weniger schädlich. Und da ich leidenschaftlich gerne Käse esse, freue ich mich über jeden veganen Käse, der neu auf den Markt kommt. Diese Produkte werden immer besser. Mein momentaner Topfavorit ist der Happy White von Happy Cashew, ein Camembert auf Cashewbasis, mit cremiger Konsistenz, feiner Weißschimmelhülle und mild-würzigem Geschmack – leckerer als der beste Kuhmilch-Camembert, den ich je gegessen habe!

13. Gibt es noch etwas was du unveganen Männern mit auf den Weg geben möchtest?

Ich selber denke nicht so in Mann-Frau-Kategorien, deshalb möchte ich allen Menschen auf den Weg geben: Öffnet Eure Augen für das Leid, das die Tiernutzung bedeutet, hört auf Eure Herzen und seid so mutig, die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Aber gut, da sich dieser Text nun mal auf Männer mit einem eher althergebrachten Männlichkeitsbegriff bezieht, möchte ich speziell diesen auf den Weg geben:

Seid ihr Männer oder Memmen? Wenn ihr Männer seid, tut, was Männer tun – kämpft für die Unterdrückten! Esst, was Männer essen – Kartoffeln, Bohnen, Nüsse! Und lebt, wie Männer leben – so, dass sie ihren Enkeln später erhobenen Hauptes in die Augen blicken können!

 

Lieber Stefan, ich danke dir für deine Teilnahme an dieser wichtigen Aktion! Deine Worte und Ansichten berühren sicherlich so einige Männer! Die Vorbilder, die dir fehlten, bist nun du selbst für andere. Besonders toll ist es, dass du immer wieder den ethischen und moralischen Aspekt thematisierst und in den Mittelpunkt stellst. Dein Mut zu deiner Entscheidung zu stehen und jede Kritik und Vorurteile mit sinnvollen Argumenten und Selbstsicherheit entkräftest, inspiriert mit Sicherheit sehr viele andere! Danke für dein Handeln!

 

Inspiriere mit deinen Worten auch unvegane Männer und bringe bei diesen den Stein ins Rollen. Wenn du demnach vegan lebst und männlich bist, melde dich bei mir und mach bei der Aktion mit! Alle wichtigen Informationen darüber, findest du hier: AUFRUF für die Aktion: Männer inspirieren Männer!

Hier geht es zu weiteren tollen Interviews der Aktion: 

Jessica Aschhoff V Change Makers

Über mich

Ich bin Jessica, 39 Jahre, 2-fache Mutter und lebe seit fast 14 Jahren vegan.  Ich habe es mir zur Lebensaufgabe gemacht,

  • Menschen an das das Thema Veganismus heranzuführen,
  • aufzuklären durch klare Worte,
  • Orientierung zu schenken durch einen leicht umsetzbaren Einstieg in vegane Lebensweise
  • und dabei zu unterstützen selbstbewusst mit ihrer Entscheidung vegan zu leben umzugehen.

Da ich zudem zweifache Mutter bin, lasse ich dich teilhaben an meinem wertvollen Wissen und Erfahrungswerte zum Thema vegane Kindererziehung.

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