Dennis: „Ich halte es nicht mehr aus! Ich muss ab heute vegan leben!“

Dennis: „Ich halte es nicht mehr aus! Ich muss ab heute vegan leben!“

Interview 20

Dennis eröffnete das erste vegane Cafe in Duisburg. Seitdem er vegan lebt, findet er selbst Kuhmilch Wasser trinkende Frauen suspekt

Mit sehr inspirierenden und zum Nachdenken bewegenden Antworten geht es heute weiter im Rahmen der Aktion Männer inspirieren Männer. Dennis, der ehemalige Besitzer des ersten veganen Cafes in Duisburg, berichtet von seinem Wandel und erklärt, weshalb er Milch trinkende Frauen nicht mehr versteht und wünscht sich, dass unvegane Männer die vegane Lebensweise einfach mal ausprobieren. Wenn sie es nicht für sich machen wollen, dann immerhin für ihre Kinder um ihnen einen bewohnbaren und beeindruckenden Planeten zu hinterlassen. Lest nun seine bewegenden Worte.

1. Erzähl zunächst etwas über dich: Wer bist du?

Mein Name ist Dennis. Ich bin Jahrgang 1983, komme aus und lebe in Duisburg im Ruhrgebiet und ich bin seit Juli 2011 Veganer. Vorher habe ich zweieinhalb Jahre vegetarisch gelebt.
Ich spiele Schlagzeug (aktuell bei Magma Waves), bin leidenschaftlicher Gamer und Fan der 80er und 90er. Außerdem betreibe ich den 80er und 90er Podcast „Pixel und Plastik“. Seit letztem Jahr bin ich Vater.
Mit meiner Frau Sarah habe ich zwischen 2014 und 2018 das erste vegane Café Duisburgs, die Krümelküche, betrieben. Den Laden haben wir in gute (vegane) Hände weiterverkauft, weil wir eine Familie gründen wollten und selbstständig in der Gastronomie sein und gleichzeitig ein Kind haben für uns nicht möglich war.

2. Weshalb lebst du vegan? Was war der Auslöser?

Ich war schon immer ein Tierfreund, hatte unterschiedliche Haustiere und fand andere Lebewesen immer liebenswert und schön. Das hat mich allerdings nicht davon abgehalten so oft und so viel Fleisch wie möglich zu essen. Ich bin seit meinen Teenager-Jahren Metalhead und zu der Zeit war die vegane Lebensweise im Metal kein Thema. Im Gegenteil: Fleisch essen war männlich und „metal“! Auch die Lederjacken und Lederstiefel etc. waren selbstverständliche Begleiter in meinem Leben. Im Studium habe ich dann ein paar Vegetarier und Veganer kennen gelernt. So habe ich zum ersten Mal veganen Schokoladenkuchen probiert oder Sushi. Und der Kommilitone, der mir diese Sachen gezeigt hat sagte immer, „Dennis, du bist so ein lieber Kerl. Wie bringst Du das übers Herz Tiere zu essen?“. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Nachdem ich mit meiner Frau (damals Freundin) Sarah dann entschieden habe nur noch Fleisch vom Metzger und nicht aus der Billigtheke zu kaufen ist uns aufgefallen, dass wir uns damit etwas besser fühlten, das aber auch nicht mehr das Nonplusultra an Geschmack für uns war. Also haben wir uns entschieden, vegetarisch zu leben. Mein Schokokuchen-Studienfreund sagte dann als ich ihm stolz verkündete nun Vegetarier zu sein, „Das ist aber auch etwas inkonsequent, wenn Du es der Tiere wegen machen möchtest“. Ich habe mich dann immer mehr mit dem Thema befasst und herausgefunden, was es für Kühe, Kälber, Hühner und männliche Küken bedeutet, wenn ich Milchprodukte und Eier esse.

Der Moment in dem es dann schlussendlich bei mir „klick“ gemacht hat, war das Video „Darum bin ich Vegan“ von PETA2. Das findet ihr unter diesem Titel auf Youtube als ersten Treffer. Die Kombination aus den Menschen, die Zitate von Einflussreichen Persönlichkeiten der Menschheitsgeschichte vortragen, mit der Musik und den kurzen Ausschnitten wie Tiere behandelt werden hat mich fertig gemacht und ich kam nach Hause und sagte zu meiner Freundin, „Ich halte es nicht mehr aus! Ich muss ab heute vegan leben!“

Ich lebe vegan, weil ich es nicht ertrage, dass ich für die grausame Versklavung und Ausbeutung von liebevollen, emotionalen und interessanten Tieren verantwortlich bin, wenn ich Tierprodukte kaufe. Wir sind so weit entwickelt, dass niemand Fleisch essen oder Milch trinken muss. Warum sollte ich also?

Dennis eröffnete das erste vegane Cafe in Duisburg. Seitdem er vegan lebt, findet er selbst Kuhmilch Wasser trinkende Frauen suspekt. Erfahre mehr über ihn

©Lars Walther

3. Was müsste, deiner Meinung nach, noch getan werden um der Gesellschaft den Veganismus näher zu bringen?
Wir sind schon auf einem ganz guten Pfad, Nicht-Veganern nahe zubringen, wie einfach, lecker und sinnvoll das sein kann. Viele Berühmtheiten (Leonardo DiCaprio, Natalie Portman, Moby etc.) zeigen den Menschen, die sie bewundern, wie wichtig es für die Tiere und vor allem auch für die Umwelt und unsere Gesundheit ist, vegan zu leben.
Meiner Meinung nach ist das größte Problem die Tatsache, dass Menschen sich nichts verbieten lassen und sich auch nicht belehren lassen möchten. Viele Menschen glauben, alles besser zu wissen oder möchten sich nicht verändern oder überzeugen lassen. Das muss leider von alleine passieren. Der beste Weg zu zeigen, wie einfach das geht ist meiner Meinung nach es anderen vorzuleben. Nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt zu gehen aber einfach offen darüber sprechen und vielleicht mal die nicht-veggie Freunde zum Essen nach Hause einladen und sie mit tollen Rezepten überzeugen. Dann kommt vielleicht auch irgendwann mal das Thema im Gespräch auf und die Diskussion wird automatisch etwas weniger hitzig ablaufen, weil die Omnis dann ja schon mal auf den Geschmack gekommen sind.

4. Statistisch gesehen leben überwiegend Frauen vegan. Hast du einen Tipp für Männer, die eventuell Bedenken haben als unmännlich zu gelten, wenn sie vegan leben?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich finde es ohnehin paradox als „männlich“ gelten zu müssen. Männlich ist Mann von Geburt an. Alles andere sind ethische, persönliche und moralische Entscheidungen, die man als Mensch trifft; Kleidungsstil, Auftreten, Verhalten, Wertevorstellungen und Ansichten. Evolutionär gibt es keine Gründe mehr, besonders männlich oder besonders weiblich auf seine Außenwelt wirken zu müssen. Bodybuilding zu betreiben, um als starker Mann daher zukommen ist evolutionär irrelevant geworden. In der Steinzeit oder im Mittelalter galt noch das Recht des Stärkeren und Überlebenschancen und Ansehen waren vielleicht höher dadurch. Aber heutzutage ist das rein persönlicher Geschmack, wie man möchte, dass der eigene Körper aussieht. Wenn man nicht gerade Sportler von Beruf ist hat das keinerlei Vorzüge. Ich ziehe diesen Vergleich weil Muskeln haben und Fleisch essen in meiner Wahrnehmung von anderen als gleichwertig „männlich“ betrachtet werden (und in vielerlei Denke noch verbunden sind: Muskeln essen bedeutet Muskeln aufbauen, in Fleisch ist mehr Protein als in Gemüse etc.). Was ich nun also einem Mann sage, der es als unmännlich ansieht kein Fleisch zu essen? Dass es rein persönlicher Geschmack ist, welche Ernährungsweise man verfolgt. Fleisch essen macht einen aber nicht männlicher. Fast alle Frauen, die ich kenne, finden, dass es männlicher ist, Emotionen und Mitgefühl zu zeigen, statt viel Fleisch zu essen oder ins Fitnessstudio zu gehen. Und sich für Schwächere einsetzen zeigt einen Drang nach Gerechtigkeit. Ich habe noch nie eine Frau sagen gehört „Mein Traummann muss viel Fleisch essen. Sonst ist er nicht männlich genug“. Verantwortung übernehmen finde ich männlich.

5. Welche Argumente, meinst du, benötigen einige Männer um zum Umdenken bewegt zu werden (wenn es nicht die eigene Frau ist)?
Das ist sehr individuell. Manche Menschen interessieren sich einfach nicht für das Leid anderer Lebewesen. Somit kann nicht pauschal gesagt werden, dass Tiere Todesangst, Stress, Frust und Langeweile im Stall verspüren ein Argument ist, mit dem Männer überzeugt werden können kein Fleisch mehr zu essen. Manche vielleicht. Aber nicht alle. Ich glaube Fakten sind am bedeutsamsten. Zahlen. Dass über 70 Milliarden Tiere (plus Meerestiere, die noch mal in etwa genauso viel ausmachen!) auf der Welt wirklich für Lebensmittelproduktion pro Jahr sterben wissen die meisten nicht. Wenn sich diese schier unvorstellbare Dimension einmal im Kopf des Menschen festigt ist der erste Wandel der Sichtweise vollzogen. Wenn dann gezeigt wird, wie viel Protein in unterschiedlichsten Gemüsesorten steckt und in der Ernährung keine Defizite entstehen müssen, ist das vielleicht schon der nächste Schritt. Und ich glaube dann kann man irgendwann anfangen Vergleiche zwischen Haustieren und Zuchttieren zu ziehen. Und dann ist man vielleicht nur noch anderthalb Stunden Earthlings oder Dominion vom nächsten potentiellen Veganer entfernt.
Eins meiner Lieblingsargumente ist folgendes. Nach einer Mahlzeit frage ich manchmal einen omnivoren Esser, „Wie lange hast Du für dein Essen gebraucht? 15 Minuten? 20 Minuten? Und ist es nach dieser Zeit noch relevant was genau du gegessen hast? So lange es lecker war und dich satt gemacht hat, und es dich wohl ernährt, wenn Du auf Vitamine, Ballaststoffe und Protein achtest? Ist es dann noch wichtig, dass für diese 20 Minuten ein Tier gestorben ist? Oder ist es vielleicht auch okay, satt und zufrieden zu sein, nach einer leckeren und nahrhaften Mahlzeit, auch wenn sie rein pflanzlich war?“. Das hat schon ein paar Mal für eine gerunzelte Stirn gesorgt.

6.  Eine Frage zu deinen persönlichen Erfahrungen. Wie reagieren Männer darauf, wenn sie mitbekommen, dass du vegan lebst?
Ich kenne viele alternative Menschen. Gerade in der Musikszene in der ich mich bewege gibt es sehr viele Veganer. Die reagieren natürlich begeistert. Auf der Arbeit habe ich zum Beispiel keine Veganer, nur ein paar Vegetarierinnen. Da kriege ich regelmäßig alle klassischen dummen Sprüche (meist der Männer aber oft auch der Frauen) zu hören. Das ist sehr schade. Auch wenn man Fleisch isst muss man sich über den Veganer nicht lustig machen.

Dennis eröffnete das erste vegane Cafe in Duisburg. Seitdem er vegan lebt, findet er selbst Kuhmilch Wasser trinkende Frauen suspekt. Erfahre mehr über ihn

©Heike Leppkes

7.  Wie hat dein Umfeld auf deine Entscheidung vegan zu leben reagiert?
Sehr gut. Meine Veggie-Freunde waren natürlich begeistert. Meine Mutter ist kurz darauf auch Veganerin geworden (und hat seitdem keinerlei Arthrose mehr!) und andere Familienmitglieder finden es immerhin interessant. Im Freundeskreis gab es überhaupt keine Probleme mit den Omnis. Die haben die Entscheidung quasi wortlos hingenommen und beim nächsten Besuch gefragt, was sie zu Essen oder zu trinken einkaufen sollen, jetzt wo ich mich anders ernähre, oder gesagt, dass ich doch das Restaurant auswählen soll, wo wir hin möchten, damit alle dort essen können. Da besteht meine alte Clique wirklich aus Vorzeigefreunden. Natürlich habe ich auch ein paar Freunde, die damit nichts anfangen können. Aber daran ist noch keine Freundschaft gescheitert.

8.  Wie reagierst du auf dumme Sprüche bzgl. deiner Ernährungsweise?

Inzwischen weniger hitzig als früher. Ich versuche Menschen einzuschätzen und abzuwägen, ob sich ein Diskurs lohnt. Nach einer Weile bemerke ich in etwa wie ein Mensch diesbezüglich tickt und meistens habe ich dann das ein oder andere Argument, was sie wenigstens für eine Weile zum Nachdenken bringt, parat. Es gibt aber auch Kandidaten wo eine Diskussion von vornherein als unfruchtbar angesehen werden kann. Dann bleibt es meistens bei Stille oder Ironie, was beides keine guten Konversationsstrategien sind, mir aber manchmal einfach ausreichen, weil ich manchmal einfach keine Lust auf die hundertste Diskussion habe.

9.  Wie reagieren Frauen auf deinen Ernährungsstil?
Nicht per se anders als Männer. Ich habe Freundinnen, die genauso Fleisch, Käse, Milch und Eier essen wie die Omni-Männer. Was ich nicht verstehen kann. Meiner Meinung nach müsste jede menschliche Frau auf der Welt Veganerin sein. Oder wenigstens jede Mutter. Die Tatsache, dass weibliche Tiere gegen ihren Willen versklavt, künstlich geschwängert, ihnen die Kinder weggenommen werden und die Muttermilch gestohlen wird ist ein Prozess, der so abartig und unnatürlich ist, dass jede Frau sich dagegen einsetzen müsste. Videos von Kälbern die um ihre Mutter weinen und Kühe, die tagelang nach ihren Babys rufen sind die herzzerreißendsten Aufnahmen, die es gibt. Mutterliebe ist in jeder Spezies gleich. Angeboren, instinktiv und natürlich. Dass wir uns aktiv dafür entscheiden, Baby-Kühe zu schlachten, weil es Kalbsfilet oder -döner geben muss ist krank. Somit verstehe ich nicht, wenn Frauen Milch trinken und Fleisch essen. Aber auch hier muss ein erster Grundstein gelegt werden, weil wir in unserer Gesellschaft nicht von alleine darüber unterrichtet werden, wie unsere Lebensmittel entstehen. Das muss man sich größtenteils ja noch selbst beantworten.

Dennis eröffnete das erste vegane Cafe in Duisburg. Seitdem er vegan lebt, findet er selbst Kuhmilch Wasser trinkende Frauen suspekt. Erfahre mehr über ihn

©Marvin Böhm // mail@marvinboehm.de // marvinboehm.de //

10. Ist es dir wichtig, dass dein/e Partner/in auch vegan lebt?
Ja. Inzwischen könnte ich mir keine Beziehung mehr zu einer Frau vorstellen, die nicht vegan lebt. Man sollte Menschen natürlich so nehmen wie sie sind. Aber ich könnte ja auch keine Beziehung zu einem Menschen führen, die andere Wertevorstellungen haben. Und eine Nicht-Veganerin ist ja (wenn vielleicht auch durch Unwissen oder „Faulheit“ sich dem Thema tiefgründig zu nähern) einverstanden damit, dass Tiere für sie leiden und sterben. Diese Einstellung ist für mich erst mal unattraktiv.

11. Befinden sich noch andere Veganer oder Vegetarier in deinem Umfeld oder bist du (noch) der Einzige?
Meine Frau und ich haben sogar viele vegane Freunde und sogar Freunde, die nach uns Veganer geworden sind, oder vielleicht sogar durch uns. Gerade durch die vier Jahre in denen wir unser veganes Restaurant geführt haben, sind einige Menschen zu uns gekommen und haben gesagt, „Nachdem wir bei euch gemerkt haben, wie vielseitig und vorzüglich vegane Küche sein kann sind wir auch Veganer geworden“. Das war das größte Geschenk und Kompliment, was man als veganer Restaurantbetreiber bekommen kann.

12. Was ist dein liebstes veganes Produkt?
Ganz klar der VEGO-Riegel. Diese Schokolade schmeckt so cremig und wie klassische Milchschokolade, dass ich kaum glauben kann, dass er vegan ist.

13. Gibt es noch etwas was du unveganen Männern mit auf den Weg geben möchtest?
Geht in Euch. Habt keine Angst (echte Männer haben ja eh keine Angst, richtig?). Ihr werdet nicht als weniger männlich gelten, wenn ihr mal kein blutiges Steak esst. Ihr werdet euch körperlich besser fühlen und auch Euer Geist wird davon profitieren, wenn ihr euch bewusst werdet, dass ihr tief in Euch drinnen eigentlich auch nicht damit einverstanden seid, dass liebe Schweine, verspielte Kühe oder intelligente Hühner und Enten für Euch ein Leben in Qual und Versklavung leben müssen und sterben, damit sie auf Eurem Teller landen. Probiert es einfach mal aus. Und wenn nicht für Euch dann für Eure Kinder. Denn die vegane Lebensweise rettet nicht nur Tierleben sondern schont auch die Umwelt. Und die Welt, die Ihr Euren Kindern hinterlasst könnt ihr jetzt noch mitgestalten.

Dennis eröffnete das erste vegane Cafe in Duisburg. Seitdem er vegan lebt, findet er selbst Kuhmilch Wasser trinkende Frauen suspekt. Erfahre mehr über ihn

©Lars Walther

Lieber Dennis, ich danke dir für deine Teilnahme! Du teilst meine Meinung über Kuhmilch trinkende Frauen. Ich finde diese Tatsache auch völlig strange. Schön, dass du deinem Bauchgefühl gefolgt bist und dich für den Veganismus entschieden hast. Ganz besonders beeindruckend ist es, dass du mit deiner Frau das erste vegane Cafe in Duisburg eröffnet hattest. Respekt! Toll! Danke auch, dass du die nächste Generation thematisierst und wir allein deshalb schon für eine friedlichere und klimafreundlichere Ernährung verantwortlich sind.  

Inspiriere ebenfalls unvegane Männer und richte deine Worte an sie! Wenn du nun vegan lebst und männlich bist, dann melde dich bei mir. Alle wichtigen Informationen findest du hier: AUFRUF für die Aktion: Männer inspirieren Männer!

Hier geht es zu weiteren tollen Interviews der Aktion: 

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